DER ERSTE ANFALL

WAS IST DAS BESONDERE AM ERSTEN ANFALL

 

 

 

Der erste bewusst erlebte epileptische Anfall bleibt vielen Menschen mit Epilepsie und auch den Angehörigen oder Augenzeugen oft besonders dramatisch in Erinnerung. Wenn es sich um einen «grossen» Anfall gehandelt hat, wissen die Betroffenen von diesem Anfall manchmal nur das, was ihnen hinterher erzählt wurde. Sie selbst können sich nur daran erinnern, dass irgend etwas «Komisches» passiert ist, dass es ihnen anders ging als üblich oder dass sie irgendwo (z.B. auf dem Boden liegend, in einem Krankenwagen oder auch erst im Krankenhaus) wieder zu sich gekommen sind und nicht wussten, wie sie dorthin gekommen waren. Umstehende Menschen hatten oft ebenfalls erschrocken gewirkt und z.B. gefragt, ob es denn jetzt besser gehe.

Wenn der erste Schreck vorbei ist, folgt mehr oder weniger bald eine ärztliche Untersuchung und in vielen Fällen auch die Feststellung oder zumindest Verdachtsdiagnose, dass es sich um einen epileptischen Anfall gehandelt hat. Bei vielen Betroffenen stellen sich dann Angst, Furcht, Zorn, oder auch Hilflosigkeit und Schuldgefühle ein. Einige fragen sich, warum ausgerechnet ihnen das passiert ist; sie sind manchmal eine Zeit lang niedergeschlagen oder mit sich und der Welt unzufrieden.

 

Der erste Anfall ist nicht unbedingt der Beginn einer Epilepsie

Ein erster epileptischer Anfall ist nicht mit einer Epilepsie gleich- bedeutend und berechtigt auch nicht zur Stellung der Diagnose einer Epilepsie. Auch mehrere epileptische Anfälle sind noch keine Epilepsie, wenn sie auf akut aufgetretenen und erkennbaren Ursachen beziehungsweise Auslösern beruhen.

Fast jeder zehnte Mensch hat irgendwann
im Verlauf seines Lebens zumindest einen epileptischen Anfall. Am häufigsten sind «akute symptomatische» Anfälle mit erkennbaren Ursachen oder Auslösern, die durch besondere Umstände begünstigt oder provoziert wurden («Gelegenheitsanfälle»). Bekanntestes Beispiel solcher provozierter Anfälle sind in der frühen Kindheit die so genannten Fieberanfälle sowie bei Jugendlichen und Erwachsenen Anfälle z. B. bei Alkohol- oder Schlafentzug. Auch früh auftretende Anfälle nach schweren Kopfverletzungen oder Durchblutungsstörungen des Gehirns bzw. bei Hirntumoren gehören dazu. Das Wiederholungsrisiko für solche Anfälle ist gering, sofern die auslösenden Bedingungen nicht wieder auftreten oder gemieden werden bzw. folgenlos ausheilen oder entfernt werden können.

Nach einem nicht provozierten ersten «großen» Anfall kann man davon ausgehen, dass etwa die Hälfte aller Betroffenen ohne medikamentöse Behandlung innerhalb von ein bis zwei Jahren einen weiteren Anfall ohne erkennbare aktuelle Ursache oder Auslöser und damit eine Epilepsie entwickelt. Zumindest bei Erwachsenen ist das Wiederholungsrisiko bei fokalen Anfällen meist höher als bei generalisierten Anfällen, und im höheren Lebensalter ist es höher als bei Jüngeren.

 

 

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